Hesse

Hesse
Hẹs|se, der; -n, -n:
Ew.

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Hẹsse,
 
1) [hes], Eva, amerikanische Künstlerin deutscher Herkunft, * Hamburg 11. 1. 1936, ✝ New York 29. 5. 1970; emigrierte mit ihren Eltern 1939 nach New York (seit 1945 amerikanische Staatsbürgerin). Sie fand Mitte der 60er-Jahre zu amorph wirkenden Plastiken aus Schnüren, Stoffen, Gummi, später aus Fiberglas, die oft fetischartig an der Decke oder Wand hängen. Hesse gilt heute als Vorläuferin einer feministisch orientierten Kunst. In ihren Objekten, Gemälden und Rauminstallationen arbeitete sie an der Formulierung einer ästhetischen Systematik, die intuitive Formfindungen mit einem rational konstruierten Werkaufbau kombiniert. Thematisch stellte sie die weibliche Körperlichkeit und Sexualität und die Auseinandersetzung mit einer von Männern dominierten Avantgarde, deren abstrakte Formensprache sie einem psychologischen Bezugssystem zuordnete, ins Zentrum ihrer komplexen Gestaltungen.
 
 
E. H., hg. v. der Kestner-Gesellschaft (1979);
 
E. H. Drawing in space - Bilder u. Reliefs, hg. v. B. Reinhardt, Ausst.-Kat. Ulmer Museum (1994).
 
 2) Hans, Maler, zwischen 1491 und 1521 nachweisbar; war 1502-06 in Zwickau, dann in Buchholz (heute Annaberg-Buchholz), vielleicht auch in Nordböhmen tätig. Das früheste gesicherte Werk Hesses ist der 1497 datierte Altar der Kirche in Dittmannsdorf (zu Gornau/Erzgebirge). Während seines Aufenthaltes in Zwickau schuf er den Hochaltar für die 1529 aufgehobene Nikolaikirche (heute Leipzig, Museum für Kunsthandwerk). In seinen für Annaberg geschaffenen Werken näherte er sich der Renaissance. Seine Schilderung der Silbererzgewinnung und -verarbeitung auf der Rückseite des Annaberger Bergaltars (1521; Sankt Annen) ist von besonderer kulturhistorischer Bedeutung.
 
 
I. Sandner: H. H. Ein Maler der Spätgotik in Sachsen (Dresden 1983).
 
 3) Hermann, Pseudonym Emil Sinclair ['sɪnkleə], Schriftsteller, * Calw 2. 7. 1877, ✝ Montagnola (Kanton Tessin) 9. 8. 1962. Sein Vater war ein baltischer Missionsprediger, die Mutter die Tochter des Indologen und Missionars H. Gundert. Hesse erhielt eine pietistische Erziehung, der er sich 1892 nach einjährigem Aufenthalt im evangelisch-theologischen Seminar Maulbronn durch Flucht entzog; ab 1895 Buchhändlerlehre in Tübingen, ab 1899 Buchhändler und Antiquar in Basel; ab 1904 freier Schriftsteller. Hesse lebte, von Reisen durch Europa und Indien (1911) abgesehen, zurückgezogen am Bodensee und später im Tessin (seit 1923 schweizerischer Staatsbürger); während des Ersten Weltkrieges für die Kriegsgefangenen tätig. 1946 erhielt Hesse den Nobelpreis für Literatur, 1955 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. - Seine Erzählkunst ist insgesamt von Goethe und G. Keller geprägt und spiegelt in der Frühzeit die Naturinnigkeit der Neuromantik sowie die verfeinerte psychologische Einfühlung des Impressionismus (»Peter Camenzind«, 1904). Nach der Erfahrung des Ersten Weltkriegs tritt Hesses Skepsis gegenüber dem romantischen Kultur- und Künstlerideal deutlich hervor, verbunden mit einem aggressiven, von der Psychoanalyse beeinflussten persönlichen Bekenntnis. Die innere Zerrissenheit und das Unbehagen gegenüber einer im Untergang begriffenen Kultur spiegelt sich in dem Roman »Der Steppenwolf« (1927; Untertitel: »Nur für Verrückte«). Die Konfrontation von Geist und Leben (Natur) gestaltete Hesse in »Narziß und Goldmund« (1930). Dieser Gegensatz und die Suche nach harmonischem Ausgleich bestimmen wesentlich sein literarisches Schaffen. Stark beeindruckt von der indischen Philosophie, stellte er zeitweise das meditative Element in den Vordergrund; eine Synthese versuchte Hesse in seinem Alterswerk »Das Glasperlenspiel« (1943, 2 Bände), das westliche mit östlicher Philosophie, Kunst und Lebenshaltung vereint und in den Formen der Chronik und des klassischen deutschen Bildungsromans ein utopisches Bild geistiger Gemeinschaft zeichnet. Hesses schlichte, musikalische Sprache ist gekennzeichnet durch impressionistische Bilder. Er schrieb auch Lyrik in traditionellen Formen und schuf Illustrationen zu eigenen Werken. Seine Bücher wurden in viele Sprachen übersetzt, besonders in den USA fanden sie breite Resonanz. - Zu Ehren von Hesse ist der Hermann-Hesse-Preis benannt, den die Fördergemeinschaft der deutschen Kunst eingetragener Verein 1956 stiftete; er ist seit 1977 mit dem Förderpreis der Stadt Karlsruhe verbunden.
 
Weitere Werke: Lyrik: Romantische Lieder (1899); Unterwegs (1911); Gedichte des Malers (1920); Krisis. Ein Stück Tagebuch (1928); Trost der Nacht (1929); Bericht an die Freunde. Letzte Gedichte (1960).
 
Romane und Erzählungen: Unterm Rad (1906); Gertrud (1910); Roßhalde (1914); Knulp (1915); Demian (1919); Klingsors letzter Sommer (1920); Siddhartha (1922); Weg nach innen (1931); Die Morgenlandfahrt (1932).
 
Sinclairs Notizbuch (1923); Eine Bibliothek der Weltliteratur (1929); Der Europäer (1946); Politische Betrachtungen (herausgegeben 1970).
 
Ausgaben: Briefe (Neuausgabe 1964); Gesammelte Schriften, 7 Bände (1968); Gesammelte Briefe, herausgegeben von V. Michels und anderen, 4 Bände (1973-86); H. Hesse als Maler, herausgegeben von V. Michels (1977); Gesammelte Werke, herausgegeben von demselben, 12 Bände (1987); Kindheit und Jugend vor Neunzehnhundert, herausgegeben von N. Hesse, 2 Bände (Neuausgabe 1984-85); Die Romane und die großen Erzählungen, 8 Bände (256.-280. Tausend 1986); Hermann Hesse - Thomas Mann: Briefwechsel, herausgegeben von A. Carlsson und V. Michels (1999).
 
 
M. Pfeifer: H.-H.-Bibliogr. (1973);
 M. Pfeifer: H. H. 1977. Bibliogr. des Sekundärschrifttums im Jahr seines 100. Geburtstages (1979);
 M. Pfeifer: H.-Komm. zu sämtl. Werken (1980);
 R. Koester: H. H. (1975);
 
Über H. H., hg. v. V. Michels, 2 Bde. (1-21976-79);
 T. Ziolkowski: Der Schriftsteller H. H. Wertung u. Neubewertung (a. d. Amerikan., 1979);
 F. Baumer: H. H. (61985);
 S. Unseld: H. H. Werk u. Wirkungsgesch. (1985);
 
H. H. Polit. u. wirkungsgeschichtl. Aspekte, hg. v. S. Bauschinger u. a. (Bern 1986);
 J. Mileck: H. H. Dichter, Sucher, Bekenner (1987);
 
H. H. Leben u. Werk im Bild, hg. v. V. Michels (81993);
 B. Zeller: H. H. (269.-273. Tsd. 1997).
 
 4) Hermann Albert, reformierter Theologe, * Weener 22. 4. 1877, ✝ Velbert 26. 7. 1957; führendes Mitglied der Bekennenden Kirche, 1943-45 im KZ Dachau inhaftiert. Nach 1945 war Hesse wesentlich am Aufbau der Evangelischen Kirche in Deutschland und des Reformierten Bundes beteiligt.

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Hẹs|se, der; -n, -n: Ew.

Universal-Lexikon. 2012.

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